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Hans Laumer

Pionier der Blühflächen

Projekt: Das große Blühen in Zandt
Hans Laumer in einer der vielfätigen Blühflächen in und um Zandt. (Foto: Carla Hauptmann)
Hans Laumer in einer der vielfätigen Blühflächen in und um Zandt. (Foto: Carla Hauptmann)
© Carla Hauptmann
Wer in Zandt zum Arzt mitten im Ort geht, der bekommt eine rezeptfreie Therapie gratis dazu. Denn vor der Praxis blüht es in bunten Farben, ein Anblick, der zumindest schon einmal gute Laune macht. In und um ganz Zandt, einem 1800-Einwohner-Ort in der Oberpfalz, gibt es ganz viele solcher Blühflächen und Biotope, siebzig Stück insgesamt, eingebettet in eine intensiv landwirtschaftlich genutzte Umgebung. Dass das so ist, hat hauptsächlich mit Hans Laumer zu tun, Landwirt, Gemeinderat, Jäger, hauptberuflicher Wildlebensraumberater und „echt‘s Zandter G’wachs“, wie er sagt.

Auf Blütenmission
Als solches Eigengewächs hat er dafür gesorgt, dass Zandt den Titel „Die blühende Gemeinde“ trägt. Ehrenamtlich versteht sich. Hat mit seinen Jägerkollegen schon 2005 die ersten Blühflächen angelegt, „da hatten wir das Insektenthema noch gar nicht im Fokus“, sagt er, „wir wollten halt lebensraummäßig etwas machen“. Ist später hausieren gegangen, damit die Landwirte Zwischenfrüchte auf ihren Äckern einsäen und hat 2016 damit angefangen, das ganze Dorf mit dem Thema Blüten, Insekten und Biotope anzustecken. So wurde er zum Blumenwiesen-Hans.

Mehr Lebensräume - mehr Lebensqualität
Hans Laumer ist einer, der für das Thema Biodiversität brennt, und dabei geht es ihm nicht nur um Blühflächen, das ist ihm zu wenig. Ökologie, Landschaftsbild und Ortsbild, in all diesen Bereichen möchte er die Bürger abholen. Und die weichen Faktoren stärken. „Die Leute sollen doch gerne in Zandt leben, nicht nur wegen der Blumenwiesen, sondern wegen der Lebensqualität insgesamt“, das ist sein Antrieb. Und die steigt eben auch mit einer größeren Vielfalt an Lebensräumen, davon ist er überzeugt. Deshalb hat er schon den ganz speziellen Blumen- und Biotopblick entwickelt und findet laufend neue Plätze für Steinschüttungen, Totholzstapel, Hecken – und eben Blühflächen. Das Engagement dafür ist zeitaufwendig, aber für ihn ist das nicht nur Ehrenamt, sondern Ehrensache. „Mir wird im Dorf so viel gegeben, ob es im Vereinsleben ist oder anderswo, und es gab immer Leute, die mir etwas beigebracht haben. Da will ich einfach etwas zurückgeben.

Mit Blumenaugen durch Zandt
Das tut er, und zwar unermüdlich. Zum Beispiel beim jährlichen Aktionstag. Da bringt er ganz Zandt zusammen, in einer großen Gemeinschaftsaktion werden neue Blüh- und Biotopflächen anlegt. Oder bei der Einweihung des neuen Feuerwehrhauses. Klar, dass es da rundherum blühen muss – und zwar in Rot, wie sonst? Mittlerweile hat er es geschafft, dass viele Leute im Zandt dem Thema Blüten und Vielfalt intensiv zugewandt sind, Landwirte genauso wie Imker, Jäger, Hobbygärtner – und ganz wichtig – die Kinder. „Die Leute denken plötzlich in möglichen Blühstandorten“, freut er sich. Na bitte, Mission erfüllt.

Radikal umgedacht
Sein fachlicher Background als praktizierender Landwirt macht ihn glaubwürdig, aber entscheidend ist wohl, dass er unerschrocken vorausgeht und einfach loslegt. Leute anspricht, Saatgut bestellt, nach Fördermöglichkeiten schaut, jeden unterstützt, der irgendetwas mit Natur machen will und auch selbst kräftig mit hinlangt, wo immer er gebraucht wird. Nicht lange reden, sondern tun, ist seine Devise. Hat er sich das Thema ausgesucht? Er lacht. „Zum Naturfreak bin ich erst mit Ende 20 geworden, ich musste das selbst erst lernen, denn vorher war ich nicht so ökologisch eingestellt“, erzählt er. Die Jägerausbildung hat seine Einstellung verändert, und zwar grundlegend. Da habe er eine völlig andere Sichtweise auf die Natur und für ökologische Zusammenhänge entwickelt. „Jäger sind aktive Naturschützer“, sagt er. Vielleicht sind sie das in Zandt mit all den Blühflächen, Wildäckern und Streuobstwiesen, die sie anlegen und pflegen, sogar ein bisschen mehr als anderswo.

Zeigen und vorangehen
Schön blühen alleine reicht Hans Laumer aber nicht. „Wir brauchen wieder mehr Lebensräume und dafür mehr Unordnung in der Landschaft“, findet er. Nur dass das nicht immer in ein gepflegtes Ortsbild passt. Wie schafft man also die gesellschaftliche Akzeptanz dafür? Hans Laumer hat auch hier ganz pragmatische Ideen. Außerdem einen Blick für die Landschaft, der aus einer tiefen Verwurzelung darin kommt und ein unerschütterliches Sendungsbewusstsein. „Ich gehe mit Kindern und Eltern raus, schneide so einen dürren, trockenen Sonnenblumenstängel auf und zeige, dass der ein Lebensraum für viele Tiere ist und deshalb den Winter über stehen bleiben muss. Da steigt die Akzeptanz schnell.“ Ganz so einfach ist es aber leider nicht immer.

Das Beste für alle
Denn Hans Laumer weiß, dass es auch Kritik gibt. Zum Beispiel, dass die vielen kleinen Blüh- und Biotopflächen keine großen Vernetzungen für die Artenvielfalt schaffen würden. Oder dass manche Sommerblumenmischungen wenig für Insekten brächten. Doch für ihn zählt jeder Quadratmeter. „Natürlich geht es fachlich immer noch besser“, hält er dagegen, „aber man muss halt einfach auch mal anfangen, dann wird irgendwann mehr daraus“. Am liebsten würde er ohne bürokratische Zwänge die Flächen so anlegen, wie es für das Dorf, die Landschaft und die Landwirtschaft gleichermaßen ideal wäre. „Das wär’s“, lacht er und es wirkt ein bisschen so, als ob er das auch noch irgendwie schaffen könnte. Wenn er dann von seinem Jägerhochsitz aus über das Dorf und die Landschaft schaut, sieht er das Potential, den Zandter Fleckenteppich an Blüh- und Biotopflächen weit über die Gemeindegrenzen hinaus auszudehnen und zu vernetzen. Keine schlechten Aussichten für alle Beteiligten.

Weitere Informationen finden Sie auch unter der Projektbeschreibung "Das große Blühen in Zandt"
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