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Ulrich Meßlinger

Biologe aus Flachslanden

Projekt: Der Kiebitz ist wählerisch
Ulrich Meßlinger, Foto: Carla Hauptmann
Ulrich Meßlinger, Foto: Carla Hauptmann
© Carla Hauptmann
Biologe aus Flachslanden
An den Tomatenstangen sind Bissspuren. „Klar“, sagt Ulrich Meßlinger und lächelt. Wenn man Gartenhilfsmittel nutzt, die von Biber bearbeitet wurden, kommt so etwas schon mal vor. Ideal seien diese langen dünnen Stäbe, um im Sommer daran Tomaten und Gurken hochzuziehen. Und geschält sind sie auch schon, da haben die Nager ganze Arbeit geleistet. Ulrich Meßlinger hat nicht lange danach suchen müssen, als Biologe fallen ihm bei seiner täglichen Arbeit solche Dinge fast vor die Füße, zumindest hat er einen Blick dafür.

Zu Tisch mit dem Biber
Die Äste hat er an einem naturnahen Gewässer gefunden, doch ganz nah kommt man dem Biber im Büro von Ulrich Meßlinger im Souterrain seines Holzhauses im mittelfränkischen Flachslanden. Den Besprechungstisch nimmt ein ausgewachsenes Exemplar samt Nachwuchs ein, ausgestopft zwar, aber dennoch beeindruckend. Der Nager ist eines der vielen Tierarten, die der Biologe in seinem Büro für Naturschutzplanung und ökologische Studien untersucht. Seit 1992 ist er selbständig, erstellt Gutachten, macht Untersuchungen und begleitet Planungen. Dabei wollte er eigentlich Förster werden, das Biologiestudium hat er nur übergangsweise begonnen. Doch weil er sich schon als Jugendlicher im Naturschutz engagiert hat, war für ihn bald klar, dass er bei der Biologie bleibt. Zum Glück – nicht nur für den Biber. Über dessen Bedürfnisse verfasst er zahlreiche Publikationen für alle möglichen Institutionen, er ist ein gefragter Experte, viel für Vorträge unterwegs und sogar ein Kinderbuch hat er über ihn geschrieben. Doch besonders profitiert seine Heimatgemeinde Flachslanden, wo er geboren und aufgewachsen ist, von seinem Fachwissen.

Landschaftspflege mit der Feuerwehr
Das bringt er überall dort ein, wo es um Umweltthemen geht. Und zwar ehrenamtlich. Biologe ist er eben in allen Lebenslagen, trennen kann er das nicht. Er ist Gemeinderat, hat seinerzeit die Agenda21-Gruppe in Flachslanden aufgebaut und initiiert viele Begrünungs- und Naturschutzmaßnahmen im Ort. Das reicht vom Naturlehrpfad über Krötenaktionen bis zum Flachmoor, das er gemeinsam mit dem Bund Naturschutz und dem Bürgermeister pflegt. Was ihn antreibt? „Das Interesse für Lebensräume und sich einzusetzen für einen fachlich anspruchsvollen Naturschutz“, meint Ulrich Meßlinger, „die Situation der Artenvielfalt ist dramatisch. Heute stehen Arten auf der Roten Liste, die in den achtziger Jahren noch ganz selbstverständlich bei uns vorgekommen sind. Stieglitz, Star, Sperling, viele Schmetterlings- Libellen- und Heuschreckenarten. Auch Rebhühner waren früher ganz normal in unserem Garten“, sagt er. Doch resignieren ist nicht seine Sache. Im Gegenteil. „Positives Denken hilft“, lacht er, seine Motivation sei nach wie vor hoch, und das ist auch bei fast jedem Satz deutlich spürbar. Und sie scheint auch ziemlich ansteckend zu sein, denn offenbar ist er ziemlich gut darin, auch andere zum Engagement zu motivieren. Über einhundert Leute von der Feuerwehr und anderen Vereinen bringt er regelmäßig für Pflegemaßnahmen in der Flachslandener Flur auf die Beine. „Für eine arten- und strukturreiche Umgebung“, das ist ihm das größte Anliegen. „Die Leute helfen bereitwillig mit“, freut er sich, „und außerdem stärkt das die Identifikation mit der eigenen Landschaft“. Natürlich ist er selbst mittendrin dabei, organisiert, hält die Fäden in der Hand und gibt fachlichen Input: „Ich will ja nicht nur Gutachten schreiben, sondern auch schauen, ob das alles auch tatsächlich machbar ist“.

Strukturreiche Aussichten
Überhaupt pflegt er einen ziemlich respektvollen Umgang mit der Natur. Sein winterlicher Garten im mittelfränkischen Flachslanden erzählt viel davon, wie jemand mit Sinn für Details und mit Weitsicht gleichermaßen einen Lebensraum für sich, seine Familie und für eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt geschaffen hat. Wie selbstverständlich fügt sich der Garten in die Landschaft ein. Die Steine für Mauern und Wege sind selbst zusammengetragen, in der Linde hängen gleich mehrere Vogelfutterhäuser, und Hecken und Beete sorgen für Strukturen. Nur wenige schaffen es, dass ein Garten selbst an einem grauen Dezembertag voller idyllischer Ecken ist. „Strukturreich und mit Weitblick“ eben, so wie Ulrich Meßlinger sich die Landschaft wünscht. Dies bevorzugt er auch auf seinen Reisen, egal ob in die Rhön oder nach Rumänien. Gerne tauscht er sich dann vor Ort mit Rangern und Naturschützern aus, klar, dass es auch da keine Trennung zwischen Beruf und Privatleben gibt. Einmal Biologe, immer Biologe eben. Aber eigentlich muss er sich nur auf seinen Balkon setzen und den Blick in die Landschaft schweifen lassen. Auf den Bach und den Weiher, deren Renaturierung er selbst angeleitet hat, auf die Obstbäume, die er mit dem Nachbarn als Übergang zum Ortsrand gepflanzt hat und auf all die anderen Spuren, die er mit Naturschutzmaßnahmen in der Landschaft hinterlassen hat. Ziemlich viel Struktur, die da für die Natur herausgekommen ist.
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