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TreePlantingProjects

In Mittelfranken bäumt sich etwas auf

Neu gepflanzte Bäume im Wald
TPP will eine Million Bäume pflanzen
© TreePlantingProjects
Leute aus der IT und Natur. Das sind erst einmal nicht unbedingt zwei Begriffe, die sich als gewachsene Verbindungen aufdrängen. Und doch zeigt eine Initiative im mittelfränkischen Dietenhofen, dass es durchaus gewinnbringend sein kann, wenn der technisch-rationale und prozessoptimierende Blick auf die Bedürfnisse von verwundeten Ökosystemen trifft. 2019 startete der Informatiker Stefan Klingner zusammen mit ein paar Freunden und Nachbarn TreePlantingProjects (TPP). Die Idee dahinter ist klar strukturiert: TPP bringt Leute zusammen, die sich für Natur und Umwelt mit ihren eigenen Flächen oder auch mit praktischer Arbeit engagieren wollen, organisiert in Abstimmung mit Behörden und Fachstellen die passenden Projekte dafür, kümmert sich um Förderanträge, um die Umsetzung und sogar um die Pflege.

Gute PR für die Natur
Dafür besteht TPP mittlerweile aus einer Gruppe von 15 bis 20 Leuten aus ganz unterschiedlichen Bereichen: IT, PR, Marketing, solche Sachen. Also ohne den eher klassischen Hintergrund einer grünen Branche. Was aber kein Nachteil ist. Denn „es geht darum, ein Grundverständnis für den Klimawandel und die Auswirkungen davon zu vermitteln. Darum, mehr Menschen zu erreichen, die sich ehrenamtlich für die Natur engagieren“, sagt Stefan Klingner. Und das gelingt eben mit dem Handwerkszeug der Öffentlichkeitsarbeit, das TPP beherrscht. Über Social Media, intensive Pressearbeit, Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften, Videos und über die TPP-Website, die klar und übersichtlich vermittelt, was wo möglich ist. Den fachlichen Input dafür holen sie sich bei entsprechenden Expertinnen und Experten.

Spaten in die Hand nehmen – Bäume pflanzen
Doch TPP ist viel mehr als nur eine Plattform und PR. Sondern der Wille, Ökosysteme zu reparieren. Frustriert davon, dass viel geredet und wenig gehandelt wird, haben sich die TPP-Leute zu Beginn gefragt, wie es gelingen kann, dass möglichst viele Menschen selbst aktiv werden können. „Die großen Themen können wir nicht beeinflussen“, sagt Stefan Klingner, „aber wir können einen Spaten in die Hand nehmen und Bäume pflanzen.“ Das verlangt allerdings mehr als nur guten Willen. Erinnern wir uns: Über 125.000 neu gepflanzte Bäume in knapp drei Jahren. Eine Million sollen es übrigens bis 2024 werden. Das geht nicht einfach über ein paar hübsch bebilderte Social Media-Posts. Da kommt vielmehr die Perspektive aus der IT-Szene ins Spiel: das Ganze auf Prozessebene betrachten, definieren, wie es geht und effizient umsetzen. Also konkret: Flächen finden, Maßnahmen fachlich sauber planen lassen, Menschen zum gemeinsamen Umsetzen zusammenbringen, die Finanzierung auftreiben, Material und Pflanzgut koordinieren und den Ablauf der Ausführung und die Pflege strukturieren. Dafür entweder Dienstleister finden oder ehrenamtliche Projektgruppen aufrufen.

Es funktioniert
So reduziert sich der Aufwand für diejenigen, die eine Fläche zur Verfügung stellen, auf eine Unterschrift. So stehen dann 10 bis 15 Freiwillige in einem Waldstück, pflanzen, pflegen und lernen viel über die Kreisläufe der Natur. So wachsen aktive Gruppen plötzlich zu Gemeinschaften zusammen. So veranstalten Unternehmen mit ihren Mitarbeitern Wald-Pflanzaktionen. So gelingt es plötzlich, dass sich Menschen aller Alters- und Gesellschaftsgruppen mit dem guten Gefühl in der Natur wiederfinden, durch das eigene Handeln der Verantwortung für den Erhalt von Ökosystemen ein bisschen gerechter zu werden. Und so stehen dann eben über 125.000 neue Bäume in den mittelfränkischen Wäldern.

Blaupause geschaffen
Dabei soll es aber nicht bleiben. Die Prozessabläufe sind immer die gleichen, deshalb sind die Projekte nahezu überall nach ähnlichen Abläufen umsetzbar, das ist die Idee. Damit soll es nicht nur gelingen, Wälder aufzuforsten, sondern auch Streuobstwiesen zu pflegen und andere Flächen naturnah umzubauen. In ganz Bayern, in ganz Deutschland, und wer weiß, wo diese Reise noch hinführen könnte. „Wir können die Maschinerie auf Beschleunigung bringen, wir wissen jetzt, wie und dass es funktioniert“, sagt Stefan Klingner. Und was sagen Behörden, also Ämter für Ländliche Entwicklung oder für die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Forstleute zu dem Ganzen? Sie arbeiten gerne mit TPP zusammen, wie Stefan Klingner immer wieder erfährt. „Denn wir erreichen Menschen, die Flächen zur Verfügung haben und wir setzen die Maßnahmen mit Hilfe von Freiwilligen oder Dienstleistern zuverlässig um.“ Derzeit entwickelt TPP sogar eine Software, die Dienstleistungsbetriebe aus Land- und Forstwirtschaft, Behörden und Flächenbesitzerinnen und -besitzer vernetzt.

Klar kostet das auch Geld
Damit es in mehreren Regionen Ansprechpartner gibt, sind bereits sechs bis sieben Flächenbetreuerinnen und -betreuer für TPP bayernweit aktiv, derzeit werden weitere gesucht. Sie kümmern sich in ihren Regionen um Flächen und Aufforstungsaktionen, und dafür werden sie auch bezahlt. Im Gegensatz zum Kernteam um Stefan Klingner. Er und andere arbeiten ehrenamtlich. 20 bis 30 Stunden in der Woche. Dennoch müssen Projekte finanziert werden. Das geht teilweise über die Förderungen der Ämter, über Pilotprojekte, Eigenbeteiligungen der Flächeneignerinnen und -eigner oder über Spenden. Knapp ist die Finanzierung trotzdem immer. Aber TreePlantingProjects sieht sich als kleines Puzzlestück in einem riesigen Puzzle notwendiger Veränderungen. Und mit den richtigen Instrumenten, die IT und Natur verknüpfen, können die Puzzlestücke vielleicht noch viel mehr werden und das riesige Puzzle ein bisschen stärker zusammenhalten.
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