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Charlotte Pohse und Emil Debuschewitz

Die gute Lösungen suchen und finden

Projekte: A.ckerwert wird größer, Mit A.ckerwert nachhaltig verpachten
Charlotte Pohse und Emil Debuschewitz
Charlotte Pohse und Emil Debuschewitz
© Carla Hauptmann

Wenn Emil Debuschewitz Ackerboden durch seine Finger rieseln und Charlotte Pohse den Blick über den artenreichen Sandrasen auf der Höhe über dem unterfränkischen Karlstadt schweifen lässt, dann wirken beide ziemlich zufrieden. Irgendeinen Job zum Brötchenverdienen wollten sie nicht machen, vielmehr war ihnen die Sinnhaftigkeit ihres Tuns wichtig. Da traf es sich gut, dass sowohl der Landschaftspflegeverband (LPV) Main-Spessart als auch der LPV Eichstätt als Pilotpartner für A.ckerwert ausgewählt wurden. Charlotte und Emil sind jeweils dort seit 2023 in Teilzeit als Projektleiter angestellt. Sie beraten nun diejenigen, die landwirtschaftliche Flächen verpachten und die Landwirte, die darauf wirtschaften, sich auf Maßnahmen für mehr Strukturvielfalt und Nachhaltigkeit zu einigen. Und zwar so, dass das Ganze naturschutzfachlich sinnvoll ist und gleichzeitig zum Betrieb des Landwirts passt.

Mit fundiertem Background
Beide sind intensiv in Naturschutz- und Agrarthemen verankert, und sie stehen für eine junge Generation, die sich sehr tiefgründig und sehr fachkundig Gedanken um die Zukunft der Landnutzung macht. Hier sehen die beiden Kollegen die Möglichkeit, sich mit den Themen zu beschäftigen, die ihnen nicht nur beruflich, sondern in ihrem ganzen Denken und Handeln am Herzen liegen. Charlotte hat ursprünglich Forstwirtschaft mit dem Schwerpunkt Naturschutz und Landschaftspflege studiert und lebt mit ihrer Familie bei Karlstadt, Emil kam über ein Wirtschaftsingenieurstudium zum Master in Umwelt- und Ressourcenmanagement und ist für den Job in die Nähe von Eichstätt gezogen. Die Schnittstellen auszuloten, welche Möglichkeiten es gibt, Naturschutzmaßnahmen und landwirtschaftliche Nutzung zusammenzubringen, das hat sowohl Charlotte als auch Emil bei diesem Job angesprochen.

Es gibt immer mehr als nur eine Perspektive
Ist es schwierig, zwischen den Positionen zu vermitteln? „Eigentlich nicht“, finden beide, und es ist bemerkenswert, wie sehr beide in der Lage sind, die Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. „Das Thema wird aber durchaus kontrovers aufgenommen und es gibt auch Gegenwind. Doch unsere Erfahrung ist, dass die Kritik und die Bedenken, die bei der Kommunikation nach außen und beim öffentlichen Auftritt kommen, auf der persönlichen, unmittelbaren Ebene und draußen auf der Fläche mit Landwirt und Eigentümer meist gar nicht problematisch sind,“ bekräftigen sie. „Es ist ja immer leicht, gegen die Landwirtschaft zu bashen“, sagt Charlotte, „aber wenn man sich mit den einzelnen Landwirten auseinandersetzt, versteht man, unter welchen Zwängen sie stehen.“ Auf der anderen Seite müsse man auch schauen: „Was ist eigentlich der Wert von Ackerboden, geht es wirklich darum, maximale Erträge zu erwirtschaften oder eben auch darum, wie man langfristig ertragreiche und resiliente Böden aufbaut?

Die Verantwortung liegt bei uns allen
Überhaupt schwingt das Thema „gesellschaftliche Verantwortung“ immer mit. „Vielen Menschen ist nicht klar, dass Landnutzung die Landschaft prägt und formt – auch im Positiven“, hat Charlotte festgestellt. Sie muss auch im Freundeskreis erklären, dass es gut ist, wenn eine Schafherde über Naturschutzflächen geht, weil die Flächen sonst halt zum Wald zuwachsen würden. Deshalb sehen beide gerade im A.ckerwert-Projekt eine gute Möglichkeit, den Dialog zu fördern und die Gräben, die es zu vielen Themen in der Gesellschaft gibt, zu überwinden.

Landwirtschaft ist nicht nur Produktion
Bei beiden geht der Blick aber über die fachliche Betrachtung hinaus, und vielleicht ist es das was man braucht, um einen spannenden Job nicht nur zu machen, sondern auch zu leben. So wächst Emils Verständnis für die Belange und der Respekt für die Landwirtschaft mit jedem Projekt, wie er sagt. Er empfindet es als seinen Auftrag, den Menschen zu vermitteln, was es heißt, als Landwirt in diesem komplexen System Nahrungsmittel zu produzieren. Dabei sieht er noch einen anderen Aspekt: „Landwirtschaft ist ja auch etwas Emotionales. Die Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten, tun das nicht, um Karriere zu machen oder Prestige zu erlangen. Man wird meist hineingeboren, hängt mit viel Herzblut drin und trifft keinesfalls leichtfertige Entscheidungen.“ Und: "Niemand sollte die Schuld bei einzelnen Landwirten suchen, warum die Landwirtschaft heute so ist wie sie eben ist", sagt er, "das ist vielmehr geprägt von den Wechselwirkungen zwischen Agrarpolitik, globalen Märkten und landwirtschaftlicher Ausbildung." Und auch da geht es wieder schnell um die gesellschaftliche Verantwortung: „Es ist eben auch eine Frage des Konsumverhaltens, wo wir unsere Lebensmittel kaufen und ob wir regionale Wertschöpfungsketten stärken“, bekräftigen beide.

Ein Anfang für Veränderungen
„Ich kann Landwirten nicht sagen, wie sie ihren Job machen sollen, das wissen die viel besser“, sagt Charlotte, "aber ich sehe es als unsere Aufgabe, denjenigen, die offen für Veränderungen sind, gangbare Wege aufzuzeigen und sie dabei zu unterstützen" sagt sie, „für viele ist es auch die Möglichkeit, im Kleinen anzufangen, ohne gleich auf Ökolandbau umzustellen. Wir haben in Main-Spessart die höchste Vertragsnaturschutz-Quote in Bayern, das ist schon ein Signal dafür, dass Landwirte bereit sind, etwas zu verändern. Wichtig ist, keine Pauschallösungen überzustülpen“, betont sie, „die stoßen verständlicherweise schnell auf Ablehnung.“

Nicht nur ein Job
Bei beiden spürt man ein enormes Engagement in ihren Jobs, und es wirkt authentisch, wenn sie von sich, ihren Vorstellungen und ihrer Lebensweise erzählen. Neben ihren Teilzeitjobs beschäftigen sie sich ja mit ähnlichen Themen. Boden und Bodenleben ist Emils Herzensangelegenheit, er hat sich in diesem Bereich intensiv weitergebildet und würde sich wünschen, dass der Fokus viel stärker darauf gelegt wird. Für die Zukunft kann er sich sogar vorstellen, selbst eine kleine Landwirtschaft im Nebenerwerb zu betreiben. Charlotte stemmt nebenher noch freiberuflich Planungen im Naturschutz, gärtnert intensiv und engagiert sich in gartenpädagogischen Projekten. Viel Power steckt da in beiden drin. Die und der wertschätzende Blick auf die unterschiedlichen Positionen ist vielleicht die beste Voraussetzung dafür, dass Naturschutz und Landwirtschaft stärker zusammenrücken.


Kontakt für die Region Main-Spessart:
Charlotte Pohse
Landschaftspflegeverband Main-Spessart e.V.
Tel.: 09353 / 793-1866
E-Mail: Charlotte.Pohse@Lramsp.de
Web: http://www.main-spessart.de

Kontakt für die Region Eichstätt:
Emil Debuschewitz
Landschaftspflegeverband Landkreis Eichstätt e.V.
Tel.: 08421 / 9083 403
E-Mail: emil.debuschewitz@lpv-ei.de
Web: http://www.lpv-ei.de

Text: Bärbel Faschingbauer

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