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ILE kann auch Artenschutz

Referendare der Ländlichen Entwicklung und Studierende der Geoinformatik informieren sich über das Thema Biodiversität in der ILE Waginger See - Rupertiwinkel

Die Exkursionsteilnehmer beim Haus der Begegnung in Kirchanschöring (M. Spranger, 2020)
Die Exkursionsteilnehmer beim Haus der Begegnung in Kirchanschöring (M. Spranger, 2020)
© M. Spranger, 2020
Die Regionalinitiativen am Waginger See
Die ILE Waginger See – Rupertiwinkel umfasst die Kommunen Fridolfing, Kirchanschöring, Petting, Taching am See und Wonneberg sowie den Markt Waging am See und die Stadt Tittmoning. Die Gemeinden haben sich hierbei zu einer interkommunalen Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, die sich eine nachhaltige und ganzheitliche Zukunftsentwicklung zur Aufgabe gemacht hat. Ziel ist unter anderem, die Umsetzung der Bayerischen Biodiversitätsstrategie auf interkommunaler Ebene anzupacken.
Am 17. Februar dieses Jahres fand unter der Leitung von Guido Romor (ALE, Lehrbeauftragter für das Wahlpflichtfach Ländliche Entwicklung der Hochschule München) eine Exkursion für Studierende des 7. Semesters der Hochschule München und Referendare der Ländlichen Entwicklung statt. Thema waren dabei die Regionalinitiativen am Waginger See. Unter dem verbindenden und koordinierenden Dach der Integrierten Ländlichen Entwicklung sind dies die Flurneuordnung Waginger-Tachinger See mit den Initiativen boden:ständig und Innen statt Außen, die Ökomodellregion Waginger See - Rupertiwinkel, die LEADER Aktionsgruppe Traun-Alz-Salzach und die Tourismusregion Waginger See.

Vom alten Sonnwirtsapfel zur Grünflächenpflege-App
Den Exkursionsteilnehmern sollten Biodiversitätsprojekte der Gemeinden näher gebracht werden, darunter ein interkommunales Biotopverbundkonzept und das Ökologische Grünflächenpflegemanagement für Kommunen. Die Idee zum Grünflächenpflegemanagement entstand im Rahmen der Initiative Ökomodellregion Waginger See - Rupertiwinkel. Mit dem Kooperationsprojekt von Kommunen der LAG Traun-Alz-Salzach, der LAG Chiemgauer Seenplatte und der LAG Berchtesgadener Entwicklungsforum wollen die Gemeinden ihre Grünflächen ökologisch aufwerten und so auch für das Thema Artenvielfalt werben. Dabei ist die Erstellung eines Konzepts vorgesehen, das einen Pflegeplan für die naturnahe Umgestaltung kommunaler Freiflächen beinhaltet.
Zu diesen zählen sämtliche gemeindeeigenen Grünflächen sowie Flächen, für deren Pflege die Gemeinden verantwortlich sind. In den ILE-Kommunen Waginger See umfassen diese Flächen rund 322 Hektar. Landwirtschaftlich genutzte Flächen sind dabei nur Teil des Pflegeplans, wenn sie aufgrund ihrer Lage – beispielsweise am Gewässerrand – für die Biotopvernetzung von Bedeutung sind. Kommunale Ausgleichsflächen werden mit ihren jeweiligen Pflegehinweisen in das Konzept aufgenommen. Derzeit arbeitet Kirchanschöring als Pilotgemeinde an der Entwicklung einer App, über die Aufträge zu Pflegearbeiten automatisiert und termingerecht an die Bauhöfe ausgesendet werden können.
Beim Dorfrundgang in Kirchanschöring verwies Hans-Jörg Birner, Erster Bürgermeister von Kirchanschöring, auf eine weitere Besonderheit zum Thema Artenschutz: die alte Streuobstwiese „Lapperanger“ in der Dorfmitte, die zusammen mit dem Landschaftspflegeverband Traunstein über Nachpflanzungen und Pflegemaßnahmen neu gestaltet wurde. Dabei gelang es, die Fläche über die Bauleitplanung als Freifläche zu sichern und als zentrale Grünstruktur zu erhalten. Unter den Obstbäumen entstand durch extensive Nutzung eine besonders artenreiche Wiese. Alleinstellungsmerkmal des Angers ist der Sonnwirtsapfel in der Mitte, eine alte Obstsorte, die als Zufallssämling auf dem Grundstück des Sonnenwirts in Backnang bei Stuttgart gefunden wurde. Der bis über den Winter hinaus haltbare Apfel ist multifunktional einsetzbar und eignet sich zum Saftpressen, Kochen, Backen und für Kompott.

Gemeinsam den Boden geschützt und 52 Obstbäume gepflanzt
Im Rahmen der Flurneuordnung Waginger See wurden auch ingenieurökologische Maßnahmen der Initiative boden:ständig zum Wasser- und Stoffrückhalt in der Landschaft umgesetzt. Die Funktionsweise der Anlagen wurden am Beispiel des Projekts in Ebing von der Projektleiterin Ursula Mesch (ALE Oberbayern) näher beschrieben. Insbesondere bei Starkregen flossen bisher große Wassermengen mit hoher Geschwindigkeit in den vorhandenen Graben, der sich im Laufe der Zeit stark vertieft hat. Jetzt wird bei größerem Wasserzufluss der überwiegende Teil des Wassers über einen Schacht in ein langgestrecktes Sickerbecken umgeleitet, dort zurückgehalten und breitflächig durch den Boden in Richtung des vorhandenen Grabens versickert. Die Beckensohle wurde mit Röhricht bepflanzt, um die Sickerleistung auf Dauer aufrecht zu erhalten und die Auskämmung partikulären Phosphors zu verbessern. Gleichzeitig wird gelöster Phosphor bei der Bodenpassage in den Braunerden gebunden. Über die artenreich eingesäten Beckenränder gelingt der Biotopverbund zu zwei angrenzenden großflächigen Streuobstwiesen, die im Rahmen der Bodenordnung neu angelegt wurden. Hier gelang es, in Zusammenarbeit von Ökomodellregion und Landschaftspflegeverband über 50 Obstbäume zu pflanzen und die Flächen nicht nur als Lebensraum, sondern auch für das Ökokonto der Gemeinde aufzuwerten.

Susanne Huber, Guido Romor
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